Fast haben wir 2016 schon zur Hälfte hinter uns. Zeit also einen Blick auf die letzten Monate zu werfen: Welche Entwicklungen gab es rund ums Thema Webdesign und welche neuen Tools finden in der Szene Verbreitung.
Touch Support
Webseiten werden heute zu einem großen Teil auf Smartphones angesteuert. In den letzten Jahren hat sich Responsive-Design klar durchgesetzt. Wer sicher gehen möchte, dass sein Design möglichst einheitlich auf allen Bildschirmformaten angezeigt wird, kommt um Responsive-Webdesign deshalb schon langer nicht mehr vorbei. Aber inzwischen ist klar, dass das allein nicht mehr reicht. Eine Slideshow, die sich nicht durch wischen navigieren lässt? Ein winziger Pause–Button auf dem Videoplayer, der es unmöglich macht mit dem Finger gezielt angesteuert zu werden, ohne eine andere Aktion auszulösen oder gar ein Werbefeld zu klicken? Ein Usability-Alptraum!
Man merkt bereits seit geraumer Zeit wie sich Touch-Interfaces auch auf den Desktop breit machen. Diese neue Einheitlichkeit wird sich sicher im Zuge der Verbreitung neuer Laptops mit Touch-Support in den nächsten Monaten und Jahren fortsetzen. Es ist vor allem ein Zeichen dafür, dass die mobilen Nutzer immer wichtiger werden. Früher war die Responsive-Version oft einfach eine deutlich abgespeckte Variante der Desktop – „Vollversion“. Oft waren einzelne Features nicht für Smartphones geeignet, weil die Navigation zu klein oder ein Tool oder Widget inkompatibel gewesen ist.
Inzwischen sind auch die mobilen Seiten der großen Anbieter echte „Vollversionen“. Slideshows unterstützen Wischbewegungen und Quizapplikationen, sowie Online-Umfragetools lassen sich auf dem Smartphone genau so leicht bedienen wie auf dem Desktop. Eine Feature, dass 2016 nicht auf mobile läuft ist schlicht kein Feature, sondern ein Relikt aus alten Tagen!
Eine tolle Zusammenstellung von mobile freundlichen Elementen gibt es hier mit einigen jQuery Mobile Demos.
Material Design und Flat-Design 2
Das gute alte Flat-Design schaffte dank Apples iOS den Durchbruch. Im modernen Webdesign ist es ebenfalls nicht mehr wegzudenken. Trotz der Popularität hat es sich jedoch inzwischen etwas überlebt. Das soll nicht heißen, dass es schon wieder out ist, sondern vielmehr, dass es sich weiterentwickeln muss. Die Probleme mit Flat-Design liegen vor allem im Bereich der Usability: durch das völlige Fehlen von Tiefe gehen wichtige Navigationselemente unter, die Seiten wirken oft statisch und nicht sonderlich spannend. Die Entwicklung geht daher in Richtung Flat 2.0. Designer fangen an durch Schatten und Farbverläufe mehr Stimmung und Kontrast ins Web zu bringen und dadurch die Nutzbarkeit zu erhöhen. Wichtige Bereiche und Buttons können nunmehr hervorgehoben werden und den Blick des Nutzers einfangen.
Einen sehr großen Schritt in genau diese Richtung hat Google gemacht, mit ihrem Material Design, dass Schatten und verschiedene Ebenen nutzt, um – unterstützt durch Animationen – ein räumliches Gefühl zu schaffen, ohne dabei Flat-Design ganz aufzugeben. Inzwischen haben fast alle Google Apps die Designsprache übernommen und auch die Apps vieler Anbieter sind schon „materialized“. Und wenn etwas in Apps gut funktioniert, na dann kommt es natürlich auch ins Web! Wer sich mit der Designwelt des Material Designs etwas mehr auseinandersetzen möchte, der sollte einmal den offiziellen Guide von Google besuchen. Ebenfalls lohnt es sich einen Blick auf die diversen Frameworks zu werfen, die den Einstieg sicher erleichtern werden.
Webseitenbaukästen
Ein weiterer Trend, der sich abzeichnet ist der Einsatz von Tools zur Arbeitserleichterung für Webdesigner. Während Webseitenbaukästen zur Erstellung einer kostenlosen Homepage früher verpönt waren, haben sie sich inzwischen zu einer echten Alternative entwickelt. Mit Baukästen lassen sich professionell gestaltete Webseiten kreieren – und das oft schneller und einfacher als mit WordPress Templates oder anderen Alternativen. Endlich können Designer ein günstiges Gesamtpaket für Ihre Kunden zusammenstellen und dadurch ganz nebenbei neue Märkte für sich eröffnen.
Anstatt also gleich mehrere tausend Euro verlangen zu müssen, reicht heute deutlich weniger – schließlich ist eine Seite mit dem Baukasten schnell eingerichtet und designt. Dadurch können sich nun auch kleine Cafés und Privatpersonen günstig eine professionelle Seite erstellen lassen und Webdesigner durch die Zeitersparnis mehr Kunden bedienen. Eine Win-Win-Situation! Baukästen wie Wix.com haben ein sehr beeindruckendes Arsenal an Funktionen, die man vielleicht zunächst nicht erwarten würde. So kann man bei Wix Parallax-Effekte einbauen, die selbst gecoded viel Zeit verschlingen können (jedenfalls wenn es gut werden soll).
https://www.youtube.com/watch?v=G4EU2malWRI
Auch Videobackgrounds und One-Page-Designs lassen sich kinderleicht umsetzen. Wer einmal die Homepage von Wix aufsucht wird sich unweigerlich die Augen reiben: Waren Baukästen früher für ihr schlechtes Design verpönt, erstrahlt Wix.com in Form eines modernen One-Pagers mit professionellen Fotos und gelungener Typographie. Auch die Webseitenvorlagen für die unterschiedlichen Branchen sind eine klare Ansage: Design wird hier groß geschrieben. Gerade darum ist Wix aber kein Konkurrent für klassische Webdesigner, sondern ein ganz hervorragender Partner. Mit den angebotenen Funktionen und Vorlagen lassen sich in der Hand von Profis Webseiten erstellen, die man vorher in mühsamster Kleinstarbeit Stück für Stück, Codezeile für Codezeile, selbst erstellen musste. Nicht selten hat man den Kunden das ein oder andere Feature ausreden wollen, nur um sich die Arbeit daran zu sparen. Neben der bereits erwähnten Zeitersparnis ist ein großer Pluspunkt die einfache Bedienung.
Eine Seite, die man mit einem Baukasten wie Wix erstellt hat, lässt sich von dem Kunden über ein leicht zu bedienendes Frontend auf dem aktuellen Stand halten. Gerade für Kunden mit einem kleinen Budget, die sich eine weitergehende Betreuung ihres Internetauftritts nicht leisten wollen, ist das eine sinnvolle Lösung. Für Webdesigner ist es zudem praktisch sich nicht ständig um Sicherheitsupdates kümmern zu müssen, die finanziell meist ohnehin nicht sonderlich attraktiv sind.
Also springt beim nächsten Kunden mit knappen Budget über euren Schatten und macht auf diese Möglichkeit aufmerksam, anstatt ihn wieder nach Hause zu schicken.
Apps auf WordPress Basis
Klingt verrückt? Ist es aber nicht! Dank der REST API können nun diverse JS Libaries genutzt werden, um auf Basis von WordPress aufwendige Applikationen zu basteln. Das neue WordPress.com Calypso basiert ebenfalls darauf. Es wird nicht verwundern, dass bereits viele Programmierer und Designer mit den neuen Möglichkeiten experimentieren, um die Möglichkeiten von WordPress auf ein ganz neues Level zu heben. Aufgrund der Bedeutung von WordPress für das Web, werden wir in den nächsten Jahren sehen, wie die beiden Welten, also das App Ökosystem und das klassische World Wide Web noch enger zusammenwachsen werden.
Designer Collaboration tools
Obwohl eigentlich kein richtiger Webdesigntrend, gehört auch dies in unsere Liste. Inzwischen gibt es ein Vielzahl von professionellen Werkzeugen, um Designern und Programierern die Arbeit im Team oder allein zu erleichtern. Nach der Entwicklung in den USA sieht und hört man auch immer mehr in Deutschland von einer Professionalisierung unserer Zunft. Jira, Confluence und Bitbucket, aber auch Highrise, Slack oder Bounceapp: Viele Services lassen die gute alte Mail als Arbeitswerkzeug alt aussehen.